Blog Reportage

Winter- oder Frühlingsbegehung? Dolce vita am Wettersteingrat

„Die Bedingungen sind gut“ –  also lass uns doch lieber die Alternative wählen: statt für das Reibungsprojekt „Ines“ im Klettergarten Bad Heilbrunn entscheiden wir uns für den Jubiläumsgrat. Als Winterbegehung. Ich zähle es für mich zumindest dazu, offiziell zählt es wohl nicht, denn es ist schon kalendarischer Frühling: der 22. März.

Unser Plan: mit der ersten Bahn rauf auf die Zugspitze und hoffentlich mit der letzten von der Alpspitze ins Tal. Ausnahmsweise bin ich gerne bereit mal die Bergbahn zu nutzen. Zu der Jahreszeit alles zu Fuß – lieber nicht. Zumindest nicht, wenn es ein Ein-Tagesausflug bleiben soll. Ein gymnasienübergreifender Ausflug, meint Felix – das Hofer Reinhart- und Schillergymnasium gemeinsam unterwegs.

Mit der Idee sind wir nicht die einzigen: an der Talstation am Eibsee warten schon mehrere, denen man dasselbe Vorhaben am Equipment ansieht. 

Winter ist anders als Sommer. Den Grat bin ich mittlerweile schon viermal im Sommer gelaufen, in beide Richtungen, vieles erkenne ich wieder, aber zu gehen ist es anders. Über manche schrägen Schotterpassagen, die im Sommer ziemlich unschön sind, stapft man jetzt gemütlich auf der Schneeauflage drüber. Plattiger Fels dagegen – wo der Trailrunningschuh im Sommer auf Reibung sicher hält – fühlt sich jetzt mit den Steigeisen deutlich schwieriger an. 

Nach 3 Stunden 15 und wir sind am Biwak. Flott unterwegs. Allerdings nicht so flott wie der Bergführer Schiller mit seinem Kunden, der als erster von der Zugspitze los ist und ziemlich schnell außer Sichtweite war. Gute eineinhalb Stunden waren die beiden insgesamt schneller, wie wir später erfahren. 

Aber es kommt uns auf die Zeit nur insofern an, dass wir gerne die letzte Bahn erwischen würden. Den Weg runter vom Osterfelder ins Tal kenne ich zwar gut – aber muss ich nicht unbedingt heute auch noch laufen. 

Was immer wieder erstaunlich ist – insgesamt liegt die Alpspitze gut 300 Höhenmeter tiefer aber trotzdem hat man das Gefühl es geht ständig wieder bergauf. Ein stetes Auf und Ab. Langsam wird es ein bisschen anstrengend und ich bin doch froh als wir am Ende des Grates ankommen, wo es hinab in Richtung Grieskarscharte geht. Zuerst gut zu laufen, dann weicher Tiefschnee, in dem bei manchem Schritt der Fuß im Nichts versinkt. So bleiben wir möglichst oben auf dem fast schneefreien Felsrücken hinüber und ein letztes mal hinauf zur Alpspitze. Aus der Dreiergruppe vor uns ist einer in dem weichen Schnee abgerutscht, aber ihm zum Glück nichts passiert und er kämpft sich zurück nach oben. 

Wie lange haben wir noch Zeit bis zur letzten Talfahrt? Reicht es dafür? Wir müssen „nur“ noch die Ferrata von der Alpspitze hinab, doch so schnell geht das im Winter auch nicht, bei mir zumindest nicht. Solange das Stahlseil freiliegt – kein Problem – aber im steilen Schneefeld hinab fehlt mir noch ein bisschen Vertrauen in Pickel und Steigeisen. Komisch. Oder auch nicht – denn eigentlich ist das sozusagen meine erste Hochtour… der Jubiläumsgrat im Fast-noch-Winter.

Die Bergstation am Osterfelder erreichen wir so überpünktlich, dass sich auch noch ein alkoholfreies Weißbier ausgeht, um den Mineralstoffhaushalt wieder aufzufüllen. Muskelkater wird’s morgen trotzdem geben fürchte ich. Aber die Tour ist das auf jeden Fall wert. Was für ein fantastischer Tag! #everydayshouldbearidgeday