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Einfach machen, könnte ja gut werden.

„Was hast du am Wochenende vor?“, fragt mich meine Mutter am Telefon. Noch bevor ich darüber nachdenken kann antworte ich schon, „wir gehen zum Drytoolen“. Ähm… – war das jetzt eine gute Idee?! Hätte ich nicht lieber einfach mit „klettern“ antworten sollen!?
Drytoolen – „was ist das denn?“, will sie wissen. „Try – wie versuchen?“ Nein, oder in gewisser Weise auch schon.
Ich versuche mich zum zweiten Mal darin mit Steigeisen an den festen Bergstiefeln und Eisgeräten in der Hand die Felswand hochzuklettern. Trockentraining fürs Eisklettern und für Mixed-Kletterei, Fels und Eis kombiniert. Und um des Drytoolens selbst willen – denn es macht wirklich Spaß!

Ob das nicht gefährlich sei, so die Frage nach meinen Erläuterungen. Doch mit der Antwort „Ich klettere nur toprobe“, verspreche ich ihr – und damit ist meine Mutter zufrieden. Ich bin fast überrascht… 

Während andere an diesem – vielleicht letzten – herbstlich-warmen Fön-Wochenende in den Bergen Trails in der Sonne laufen, steigen wir zu der Schattenwand auf. Aufstieg ist übertrieben, ein paar Minuten geht es senkrecht hoch durch den Wald und schon steht man unter der Wand. M5 sind die beiden leichtesten Routen. Davon gibt es zwei, dann eine M6-M7 und alles andere schwerer (bis unmöglich?).

Die Felsqualität ist hier etwas zweifelhaft – Helm ist sowieso Pflicht (allein schon wegen möglicherweise fliegender Eisgeräte) – und so ist wohl aus den Routen über die Jahre schon der ein oder andere vielgenutzte Hook ausgebrochen. Während der Boulderer von Hook nur spricht, wenn er Fersen- oder Zehen-Einsatz meint, hookt man mit den Eisgeräten in der Hand – also greift in Löcher. 

Grünpunkt statt Rotpunkt – die gebohrten Hooks sind markiert.

Das ständige Festhalten und Nachobenstrecken der Eisgeräte geht mir brutal auf die Unterarme. Ich sehe mich schon am nächsten Tag – für den ich Hallenklettern ausgemacht habe – wieder aus den leichten 7ern fallen. Hatten wir ja letzte Woche schon. Nix gelernt. 

Leo hat die Kamera dabei und so gibt es heute ein Fotoshooting und als Belohnung für Schatten statt Sonne diese coolen Bilder. Im T-Shirt, ohne Handschuhe oder Stirnband – das wird im Winter anders aussehen. Überhaupt – was mache ich hier eigentlich? Noch vor ein paar Jahren hab ich immer gesagt – Eisklettern? Wow, cool – aber absolut nichts für mich. Da erfriere ich ja. 

Und jetzt? Jetzt hänge ich jeden Donnerstagabend im Stirnlampenlicht an Brücken und an Sonntagen an Felswänden herum – egal ob kalter Nieselregen oder Sonne im Gegenhang – und trainiere genau dafür.
Aber immer in bester Gesellschaft mit viel Humor – und deshalb fühlt es sich genau richtig an. 
Ich bin gespannt auf diesen Winter. Keep it wild 🤘

The biggest adventure you can take is to live the life of your dreams.

📷 Alle Fotos: ©Leonhard Akinbiyi