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Road to Hof

It’s the unknown around the corner that turns my wheels

Long distance cyclist

Dieser Satz passt ausgezeichnet zu meiner Radfahrt am Pfingstwochenende. „The unknown“ – 300 Kilometer unbekannte Wege liegen vor mir als ich am Morgen nach regnerischer Nacht um 6:30 Uhr an meiner Wohnung in München starte. 300 Kilometer mehr oder weniger nordwärts um am nächsten Tag in Hof, meiner oberfränkischen Heimatstadt, anzukommen.

„Leicht unterwegs“ Im Gepäck, welches bei mir wie üblich möglichst reduziert ausfällt – wichtigstes Utensil: der Garmin + sein Backup. Backup, denn der nun doch schon recht betagte Edge800 hat mich zuletzt mehrfach spontan im Stich gelassen. Was bei einer Tagestour in bekannter Umgebung nicht stört, könnte so eine lange Reise auf Neuland echt stressig machen. Heute kann ich zur Not dem Handy navigieren und dieses mit einer Powerbank versorgen. Das zweitwichtigste: die Regenjacke. Die Wetterprognose ist nicht optimal. Ich fahre jetzt trotzdem. So lange hab ich die Fahrt nach Hof schon radeln wollen. Es wird nicht mehr verschoben. Dunkle Regenwolken hinter mir – bloß nicht zurückschauen! Stürmischer Wind – welch Glück: von hinten – hilft mir, den Wolken davon zu fahren und komme schnell voran, trotz Gepäck zeigt der Tacho fast ständig 28km/h.

Fünf Stunden rollt es flott dahin, auf meist trockenen Straßen, nach Freising nicht mehr flach, sondern auch mal hügelig vorbei am Klostern Weltenburg, das Laabertal entlang und weiter Richtung Tagesziel Amberg. Ab Kilometer 120 kommen dann immer mehr Autos mit nassen Scheiben entgegen und ich ahne schon – ganz so schön trocken werde ich heute doch nicht bleiben. Und schon legt der Regen los. Etwa zwei Stunden Fahrt liegen noch vor mir – Lust zum Anhalten hab ich keine denn die Wolken sehen viel zu dicht aus, als dass man ein zeitnahes Regenende abwarten könnte. Am Ende komme ich völlig durchnässt am Hotel in Amberg an.
 Velominati Rule #9: // If you are out riding in bad weather, it means you are a badass. Period.

Das Hotel wirbt auf seiner Homepage mit „Bett & Bike“ – so hab ich auch keine Hemmungen mit meinen nassen Radschuhen zur Rezeption zu klappern. Die Dame zeigt mir gleich den Abstellraum – im Gewölbekeller der alten Festungsanlage – da steht es 100% sicher.
Der nächste Morgen: huch, es regnet ja!?! Diesmal entgegen der Vorhersage. Bis nach dem Frühstück hat der Regen jedoch aufgehört, ich fahre los – zu ungeduldig um auf abtrocknende Straßen zu warten – denn nach den gestrigen 190km liegen heute zwar nur 130 vor mir, allerdings mit einem deutlich höheren Anteil an Klettermetern. Mein Plan: durchs Fichtelgebirge über den Wurmlohpass und den Waldstein.

Düstere Regenwolken heute nicht hinter sondern vor mir. Wind? Noch immer stürmisch. Zum Nachmittag hin sollen die Böen sogar noch mehr zulegen. Die Straßen sind pitschnass, doch im Vergleich zu der gestrigen heftigen Dusche von oben stört mich das nicht so sehr. Wie gut dass ich die Satteltasche habe. Ein perfekter Ass-Saver.
Auf und ab, heute gleich von Beginn an, die Straßen sind leer. Kaum ein Mensch unterwegs, schon gar kein anderer Rennradfahrer. Es ist Pfingstsamstag. Von Oberbayern bin ich das nicht gewöhnt. Je näher ich der Heimat komme, desto mehr Erinnerungen tauchen am Wegrand auf. Hier das Schullandheim (hab ich als Kind gehasst…), dort das Loipenschild – was an die vielen Winterwochenenden auf den schmalen Brettern erinnert. Kalt ist es auch, für Pfingsten zu kalt, so dass man fast noch Schnee am Waldstein entdecken könnte. Der Anstieg ist dann doch etwas zäh, mit Gepäck und mit nun 270 Kilometern seit München in den Beinen. Aber schön! Den Schneeberg, den höchsten Gipfel im Fichtelgebirge (1051m) werde ich auf der Rückfahrt mitnehmen. Der Anstieg wird allerdings ein bisschen steiler und länger!

Die letzen 40 Kilometer vergehen wie im Flug. Kein Wunder bei dem Sturm, die Böen sind nun wirklich heftig, ich muss sehr aufpassen, dass mich keine in den Straßengraben versetzt. Vorbei am Segelclub am Förmitzspeicher – wieso ist keiner am Wasser? Ein Surfer, ein Kiter, das war’s. In Oberbayern wären hier: 50 Surfer, 30 Kiter, 20 Segler 😉 Sommer war in meiner Kindheit immer: Wochenende: am See verbringen. Erst war mein Fortbewegungsmittel am Wasser ein Optimist, später ein kleiner Katamaran. Woodstock. Wie kommt man denn auf so einen Namen für ein Boot?!

Am Ende der Untreusee – bekannt für den Hofer Triathlon, an dem ich anno 1998 auch schon teilgenommen habe. Die erste olympische Distanz. Und schließlich: Zu Hause angekommen. Viel früher als erwartet ist die Überraschung dann bei den Eltern doch groß. Eine gelungene Reise. By fair means und vielen vielen Eindrücken. Das ist sicher nicht das letzte mal, dass ich per Rad reise. Das nächste Mal dann vielleicht mit dem Gravelbike – denn: It’s the unknown around the corner that turns my wheels!