Blog Kletterfotografie

Die Maus, der Tiger und der Käfer

Wenn ein Fotoshooting ausfällt, weil das Rad nicht geliefert werden kann – dann muss man einen unerwartet freien Freitag doch nutzen. Vor allem wenn dieser noch trocken vorhergesagt ist im Gegensatz zum bevorstehen regnerischen Wochenende. 

Wir könnten ja morgen nochmal die „Maus Tiger Käfer“ versuchen, was meinst du? Ralf ist dabei, er kann spontan auch die Arbeit auf Samstag schieben, so treffen wir uns am (nicht allzu) frühen Freitagmorgen am Pendlerparkplatz und wenig später geht es – diesmal kraftsparend mit der Zahnradbahn – zum Riffelriss hoch. Das Kletterequipment haben wir vor einer Woche schon mal zu Fuß hoch- und runtergetragen – daher finde ich ausnahmsweise die Bahn mal ok. 

Letzte Woche haben wir uns von den Beschreibungen & Fotos im Netz und vor allem den deutlich sichtbaren Trittspuren im Schotter verwirren lassen, sind am Wandfuss zuerst viel zu weit in den linken Bereich abgestiegen. Nach über einer Stunde nach dem Einstieg zur Kletterroute suchen waren wir mental irgendwie nicht mehr bereit einzusteigen, auch wenn die Zeit noch gut gelangt hätte. 

Heute legen wir dafür schon nach gut 40 Minuten ab Riffelriss das Kletterzeug an, ich darf anfangen, gleich mal mit einer plattigen 4er Stelle, und einem nassen Aufschwung. Die Seillängen sind ordentlich lang – oft 50m – Seilzug lässt sich kaum vermeiden, obwohl ich alle meine langen Alpin-Exen verwende. 

Nach etwas Anfangsanspannung – weil „nass, Seilzug, einen Bolt kaum gesehen, eine hohe unbekannte Wand vor uns“… – der erste Stand. Ralf klettert weiter, jetzt geht’s gerade hoch, was die Seilführung erleichtert. Seillänge drei starte ich wieder, finde jetzt sogar einen Bolt mehr als im Topo gezeichnet und bin schon über nächste 4er-Platte am Stand. Es macht nun richtig Spaß, die Tiefblicke werden immer weiter, die Ausblicke immer schöner, der Fels immer trockener. 

Die 4. SL ist Ralf an der Reihe, dann kommen drei Seillängen mit 4ern und einer 5er Stelle, ich darf alle vorsteigen. Sehr gerne. Wasserrillen vom Feinsten. Meist richtig rau, zerfressen – das hält, selbst wenn es bisschen nass ist – wie in der vorletzten Länge. Oh schon so weit. Fast schade. Das trotz Blechkasten und Plastiktüte ziemlich nasse Wandbuch zeigt – hier war seit 2019 keiner mehr – warum nur? So eine feine Tour. Die Sonne schaut nun kurz raus und hier in den Wandteil. 

Oben raus übernehme ich gerne den Direktausstieg – VI – der sich im Vergleich zu den 6er Stellen an der Benediktenwand vor zwei Tagen locker klettern lässt. Nur hier bitte sehr umsichtig klettern (wie natürlich überall im bröseligen Wettersteinkalk)! Hier ist es recht brüchig. Wenn andere Seilschaften nachkommen, vielleicht besser die eigentlich zur Route passendere 4- Variante rechts raus klettern. Wir waren den ganzen Tag alleine hier in der ganzen Wand. Auch an der Riffelscharte kein Mensch. Für Ende August und trockenes Wetter fast verwunderlich. Trocken zumindest bis zum verdienten Kaffee&Kuchen in Garmisch – erst dort fängt es zu tröpfeln an. 

Ein gelungener Klettertag. Ich genieße es so sehr, dass an einem langen Klettertag der Kopf nicht an die Alltagssorgen denken kann. „Klettern heißt frei sein“. Kurt Albert. Kann ich 100% nachvollziehen. 

Über Stephans Kommentar „die Route ist doch viel zu leicht für dich“ freue ich mich zwar was die Einschätzung meiner Kletterfähigkeiten angeht – aber eine alpine Mehrseillängen Tour an einer bislang unbekanntem Nordwestwand – da darf man ruhig mal mit bei den Schwierigkeiten im Bereich „das könnte ich auch wieder abklettern“ bleiben. Nichtsdestotrotz steht die zweite Tour in der Wand, die auch Stephan Grashey erschlossen hat, schon auf der Liste: die Umleitung (hoffentlich ohne Umleitung) 7+ . 

Schweres Nachsteigen konnte ich schon immer recht gut. Alpin vorsteigen dagegen war früher für mich mental ganz schön hart – heute kraxl ich entspannt, souverän durch das vertikale Neuland. Gestern hab ich die 8- am Technowandl selbst eingehängt. Ich muss an einen Podcast von ulligunde denken, wo es darum ging, was zu viel zu schwer klettern mit ihr gemacht hat. Wenn ich in der Seilschaft die stärkere Klettern bin, bin ich mental auch stärker. Als schwächere komme ich dafür in Routen, z.B. beim Mixedklettern im Winter, wo ich als Vorsteigerin keine große Hilfe bin – was aber natürlich auch ganz besondere Erlebnisse sind. Beides hat seine Berechtigung. 

Hiermit mal ein großer Dank an alle, die mich schon in Schweres mitgenommen haben und mit mir in Leichteres mitgekommen sind.